Samstag, 8. Dezember 2012

Der Selbstgefällige

Er war das Mass aller Dinge. Das Mittelmass.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Die Kehrseite der Medaille

Der Fortschritt hielt auch in Zimbabwe Einzug. Ein Schamane hat eine revolutionäre Entdeckung gemacht: spritzt eine Frau Pavianurin in ihre Scheide, wird ihr Ehemann nach dem Geschlechtsakt verzaubert und so treu, dass er nicht einmal an eine andere Frau denken, geschweige denn untreu werden kann. In Bulawayo, der zweitgrössten Stadt des Landes sind die Damen aller Bevölkerungsschichten so scharf auf das Mittel, dass der Preis von Pavianurin in letzter Zeit in die Höhe geschnellt ist. (Vgl. Corriere del Ticino, 6. Dezember 2012, S. 48) Eine hervorragende Geschäftsidee, könnte man meinen. Ich habe mir vorgestellt, in Italien würde jemand grosse Farmen zur Züchtung von Pavianen errichten und das Land mit dem Wundermittel versorgen. Selbst Berlusconi wäre dann treu und würde als reumütiger Sünder eine Dosis an Dominique Strauss-Kahn zu Weihnachten schenken. Die Beichtväter könnten auf Teilarbeit umstellen und die Privatdetektive hätten viel Zeit zum Nachdenken. Der Pavianfarmer käme zu grossem Reichtum. Die einzige Kategorie, die sich beklagen würde, wäre jene des Sexgewerbes. Nach anfänglicher Krise würden aber die leichten Damen zu Gegenmassnahmen greifen. Sie würden sich dann selbst den Affenurin einspritzen und dadurch ihre Freier, die jetzt natürlich nur unverheiratete Männer wären, in Treue an sich binden. Mittelfristig hätte dies aber katastrophale Konsequenzen. Die verhexten Junggesellen würden nicht heiraten, die Geburtenrate ginge zurück, die Institution „Familie“ wäre ernsthaft bedroht. Es bestünde Handlungsbedarf. Das Parlament müsste per Dekret die Anwendung des Wundermittels verbieten und der Papst schriebe eine Enzyklika „Papii sacra urina“, worin er das Treueelixier in den Sündenkatalog zusammen mit Verhütungsmittel und coitus interruptus aufnehmen würde. Der Pendel schlüge zurück: die Pavianfarme könnten nicht mehr wirtschaftlich rentabel betrieben werden, man würde die Affen freilassen und sie würden die Strassen der italienischen Städte bevölkern…. Beichtväter müssten wieder Überstunden leisten und der Italiener würde wieder fremd gehen. Ein unwürdiges Szenarium!

Dienstag, 27. November 2012

Wenn man sich selber Liebesbriefe schreibt

Die Schwester Karls II, Prinzessin von England und Schwägerin von Ludwig XIV, schlicht „Madame“ genannt, lebte am französischen Hof. Ludwig gefiel sie nebst anderen Damen und kokettierte gerne mit ihr. Der König schickte ihr nette Gedichte, sie antwortete. Skurril ist der Umstand, dass der König den Marquis de Dangeau mit dem Abfassen der Briefe betraute, und die Prinzessin ebenfalls diesen de Dangeau mit der Antwort beauftragte, ohne dass beide wussten, dass dieselbe Person ihre Zeilen geschrieben hatte. (Voltaire, Le siècle de Louis XIV, Éditions Gallimard, 1957, S.904) De Dangeau dachte sich wohl mit Zuckmayer: Als wär’s ein Stück von mir.

Sonntag, 11. November 2012

Ist doch logisch ...

In Iran zerfällt der Wert der Landeswährung Rial in galoppierendem Tempo. Was tun, fragen sich die politischen Hardliner. Es liegt auf der Hand: die Einfuhr einschränken. In erster Linie jene der teuren Güter. Waffen etwa, auch Uran oder Spitzentechnologie für die Herstellung von Atombomben. Nein doch, dem wollen Mohammeds Getreue nicht entsagen. Also sollen es die Luxusgüter sein. Das Volk mag etwa auf Autos, auf Laptops, Uhren, Mobiltelefone, Kaffee und – hört, hört – auf Toilettenpapier verzichten! (vgl. Neue Zürcher Zeitung, 9. 11. 2012, S. 2) Ich habe mich gefragt, warum Toilettenpapier unter die Luxusgüter fällt? Dann kam mir die Erleuchtung. Warum in aller Welt sollten Menschen die Notdurft verrichten, wenn sie schon nichts zu essen haben?

Donnerstag, 25. Oktober 2012

La clef des champs

Wir schauen durch das Fenster und erblicken eine Wiese, eine Baumgruppe und Sträucher. Was gibt es Gewöhnlicheres? Eine alltägliche Wahrnehmung. Plötzlich kommt ein Stein zu fliegen und zertrümmert die Fensterscheibe. Die Scherben fallen zu Boden, doch etwas Befremdendes geschieht: Wiese, Bäume und Sträucher bleiben am Glas haften. Sahen wir nicht die Natur hinter dem Fenster, sondern ein naturgetreu gemaltes Bild? Nein, denn durch die Öffnung bietet sich unserem Blick das gleiche Bild wie vorher: eine Wiese, eine Baumgruppe und Sträucher. Es sei denn, dass auch diese Landschaft auf eine Scheibe, eine zweite also, gemalt ist. Wie viele Schichten gibt es dann? Und wie sieht das wirkliche Bild dahinter aus? Die reale Welt? Oder ist unsere Erkenntnis eine Illusion? Die Wirklichkeit? Was ist sie eigentlich? Wir meinen, sie wahrzunehmen, erliegen aber einer Täuschung. Die Hirnforschung hat es aufgezeigt: die Bilder von der Aussenwelt treten als Reize durch unsere Sinne in unser Bewusstsein und werden durch unser Gehirn produziert. Thomas von Aquin meinte: quidquid recipitur, ad modum recipientis reciptur, was wahrgenommen wird, wird gemäss der Bedingungen des Wahrnehmenden erfasst. „Das Ding an sich“ ist uns nicht zugänglich, meinte Kant. Wir sind, wie eine Fliege auf der Fensterscheibe: wir sehen nach aussen, möchten dorthin, verstehen aber nicht, warum wir es nicht schaffen. Etwas hindert uns daran, dorthin zu gelangen. Was? Die Scheibe eben. Doch diese sehen wir nicht, denn sie ist durchsichtig. Das Bild hat übrigens René Magritte gemalt.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Die drei Schwestern

Enyo, Pemphredo und Deino, oh, ihr Töchter des Phorkys, wie seid ihr uns Menschen so ähnlich, ihr „Alten Frauen des Meeres“. Ein Zahn nur für die drei und ein einzges Auge, welch trauriges Los! Will die eine sehen, bleibt die zweite blind und die dritte, geniesst die erste, darben die Schwestern. So geht es uns allen: die Schau des einen bleibt allen verschleiert, kommt das Glück zu dir, so brach es deinem Bruder die Treue.

Sonntag, 30. September 2012

Eselei

Unterwegs aus Italien in die Schweiz. An der Grenze am Splügenpass wird ein Ehepaar angehalten. Keine Italiener, die ihr Geld in die Schweiz schmuggeln, sondern ein biederes deutsches Ehepaar. Was haben sie zum Verzollen? Nichts, heisst die Antwort. Doch dann geschieht es: ein "Iaaah" verrät die Reisenden. Die Zöllner runzeln die Stirne und wollen den Kofferraum genauer anschauen. Und was finden sie dort? Einen Esel! Warum haben sie dies getan? Die Ausreden sind lächerlich: man wollte dem Tier die 10-stündige Reise in einem Anhänger ersparen, die Papiere seien so schwierig zu besorgen usw. (vgl. Corriere del Ticino, 28. September 2012, S. 10) Die Rechtfertigungen wurden nicht akzeptiert. Das Tier wurde beschlagnahmt, eine hohe Busse wurde ausgesprochen. Eigenartig: warum darf ein Esel nicht im Kofferraum reisen, wenn doch so viele Esel am Steuer sitzen?

Montag, 23. Juli 2012

Wie kreativ!

Bis vor kurzem hatte ich nie etwas von Jeanette Maxwell gehört. Bis zum 13. März 2012, um genau zu sein. An jenem Tag aber wurde mir plötzlich bewusst, was ich bis dahin verpasst hatte. Ich las im „Corriere del Ticino“ eine verblüffende Überschrift: „Schafschur als olympische Disziplin?“ Ich rieb mir die Augen. War es ein verfrühter Aprilscherz? Nein doch. Mein Interesse war geweckt. Der Verband neuseeländischer Bauern und Tierzüchter hat durch die Stimme seiner Präsidentin verlangt, Schafschur möge in die Liste der olympischen Sportarten aufgenommen werden. Großartig! Diese spannende und begeisternde Disziplin könnte für Millionen von Menschen zu einer neuen Leidenschaft werden. Warum also nicht für die Olympiade zulassen? Vielleicht zusammen mit Fingernägelschneiden und Pickelausdrücken.

Donnerstag, 15. März 2012

Jedermann

Ein reicher und geiziger Mensch namens „Jedermann“ wird vom Tod aufgefordert, ihn vor Gott zu begleiten. Er sträubt sich und ersucht seinen treuen Knecht, seine Freunde, sein Geld, mit ihm zu kommen. Doch niemand ist bereit, ihm diesen Dienst zu erweisen.
Bei den Salzburgern Festspielen wird dieses Stück von Hugo von Hoffmannstal jährlich vor dem Dom aufgeführt. Am Schluss rufen Stimmen von den nahen Kirchtürmen, vom Friedhof und von den Zinnen der Gebäude schauererregend „Jedermann“ und künden an, dass der Tod irgendeinmal jeden von uns rufen wird, dass gegen diesen Ruf kein Rekurs eingelegt werden kann und dass wir dabei den Weg allein antreten müssen.
Meinst du? Da hast du aber die Rechnung ohne die Stadtverwaltung von Falciano del Massico, der kleinen süditalienischen Stadt in der Provinz Caserta gemacht. Da es im Städtchen keinen Friedhof gibt in der Nachbargemeinde indes wohl, hatte der Bürgermeister Giulio Cesare Fava erklärt, die Behörden hätten verfügt, ab sofort wäre es verboten „ins Jenseits umzuziehen“. Diese Massnahme hätte nicht umgangen werden können, da man mit dem Nachbardorf wegen den Beerdigungen nicht einig werden konnte. (Corriere del Ticino, 14. März, 2012, S. 44)
Jedermann? Anscheinend also nicht. Allen, die nicht zu sterben wünschen, wird demnach hier geraten, nach Falciano del Massico umzuziehen.
Neuesten Meldungen folgend muss man jedoch feststellen, dass auch hier – wie in ganz Italien - nicht alles ordentlich befolgt wird und schon in zwei Fällen ziviler Ungehorsam festgestellt werden musste. Es ist nicht klar, ob diese Toten eine Busse erhalten.

Freitag, 9. März 2012

Zukunftsaussichten

Die Menschen sind alle gleich …. Bevor sie ins Leben gezerrt werden und wenn sie tot sind. Zwischendurch sind die einen etwas gleicher als die anderen. Nur die Religionen kennen auch im Jenseits Klassenunterschiede.

Dienstag, 6. März 2012

Tot sein lässt sich nur schwer trainieren

In jeder Gesellschaft besteht eine Rangordnung, sowohl bei den Tieren, wie auch bei den Menschen. Diese Hierarchie legt die Machtverhältnisse fest. Das Alpha-Tier führt den Rudel an, hat bei der Hackordnung Vortritt und geniesst – meistens ausschliesslich – die Gunst der Weibchen. Um die Spitzenposition muss gekämpft, und einmal erobert, muss sie auch verteidigt werden. Wird der Anführer einer Gruppe von einem jüngeren, kräftigeren Tier besiegt, so wird er in fast allen Fällen aus der Gruppe ausgestossen und dadurch faktisch zum Tode verurteil, sogar seine nicht erwachsenen Nachkommen werden oft vom neuen Boss umgebracht.
Beim Menschen ist es nicht viel anders. Auf allen gesellschaftlichen Stufen wird eine Hierarchieordnung erstellt, in der Familie, in den politischen Strukturen, unter den Nationen. Um die Macht wird erbittert gekämpft, mit schönen Worten und harten Bandagen. Jene, die den Machthaber stürzen wollen werden dann von den Alpha-Menschen „Terroristen“, genannt, die verhassten Regierenden „Tyrannen“. Der Beweis für diese Behauptung ist schnell erbracht: man muss nur eine beliebige Tageszeitung aufschlagen, an einem beliebigen Tag und wird das Phänomen bestätigt finden. Spezielle Hinweise erübrigen sich.
Der Wettkampf durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft: Konkurrenz überall, in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz, bei allen Wettbewerben, ob für Schönheit, Muskelpakete, Sport oder Unsinn. Und dieser Wettkampf hat auch seine Bibel: das Guinness-Buch der Rekorde. Hier wird der Blödheit ein Altar errichtet. Bei allen Wettbewerben können die Teilnehmer die Konkurrenz nur durch fleissiges Training besiegen. Die Sportler durch viel Aufwand an ihren Geräten, auf ihren Pisten, in ihren Schwimmbäder, die Schönen durch stundenlangem Hüftschwingen und Lächeln vor den Spiegeln, die Rekordfresser durch Verschlingen von Unmengen von Hamburgern, Wienerwürsten oder Torten, die Schalstrickerinnen durch Verweben von Bergen von Wollfäden und wer auch immer durch was auch immer. Der Gipfel der Glückseligkeit ist, sich im Guinness-Buch der Rekorde eintragen zu lassen, ungeachtet dessen, wie blöd die erbrachte Leistung ist.
Auch der 24-Jährige Janaka Basnayake in Sri Lanka hatte sich zum hehren Ziel gesetzt, im Lexikon des Unsinns Platz zu finden: er liess sich von Freunden und Verwandten begraben, um einen Rekord für die längste Dauer als lebendig Begrabener aufzustellen. (Neue Zürcher Zeitung, 6. März 2012, S. 20). Er hatte den Rekord nach sechseinhalb Stunden aufgestellt. Der einzige Schönheitsfehler dabei war: er war daran gestorben.
Eben: der Tod lässt sich nur schwer trainieren. Vielleicht könnte man im Guinness-Buch der Rekorde eine Kategorie für den totesten Toten eintragen.

Dienstag, 28. Februar 2012

1>24

Mit dieser Ungleichung hätte ich in der Algebra keine genügende Note erhalten. Eins soll demnach grösser als vierundzwanzig sein. Dennoch scheint die Formel beweisbar zu sein. Zumindest in den Vereinigten Staaten. Frank Wuterich, der als Hauptverantwortlicher für ein Massaker im Irak vor Gericht stand, muss nicht ins Gefängnis. Er hat zwar eine Haftstrafe von neunzig Tagen (sic!) erhalten, doch weitere Konsequenzen muss dieser Mörder in den USA nicht befürchten. Am 19. November 2005 kommandierte Wuterich eine Gruppe von Marineinfanteristen ab, um in der Stadt Haditha während drei Stunden von Haus zu Haus zu ziehen und insgesamt 24 Personen zu töten, unter ihnen zehn Frauen und Kinder. Der Anageklagte gestand, befohlen zu haben, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen.
Die Moral von der Geschicht‘: ein Amerikaner ist mehr wert als 24 Iraker. Wusste ich doch! Welch‘ wunderbare Nation, die USA! Mit Spitzengehirnen wie George W. Bush, Herman Cain, Rick Santorum und und und.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Wen die Not bedrängt

Kann man die Errungenschaften der Zivilisation in eine hierarchische Wertordnung bringen? Was war wichtiger, das Rad oder der Kompass? Der Flaschenzug oder der Computer? Die Dampfmaschine oder das Fernrohr? Das Handy oder die Toilette? Na ja, das Handy, meinen viele, vorwiegend Frauen und vorwiegend in Indien. Der indische Minister für ländliche Entwicklung zürnte, weil trotz seinem Kampf gegen die „open defecation“ Millionen die Darmentleerung unter freiem Himmel besorgen. 60% aller Menschen, die ihre Notdurft im Freien verrichten, leben in Indien, wo aber dank der modernen Einstellung viele Frauen ihr Geld statt für die Einrichtung stiller Örtchen lieber für Mobiltelefone ausgeben, von denen im Lande 700 Millionen im Betrieb sind. Diese „enorme Schande für Indien“, wie er den Zustand geißelte, ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Wenn man bedenkt, dass schon fast 3000 Jahre v.Chr. in diversen Städten des Altertums öffentliche Bedürfnisanstalten existierten, die durch Kanäle entsorgt wurden ... Danach gab es verschiedene Formen von hygienischen Lösungen, damit die Menschen ihre dringenden Geschäfte rücksichtsvoll und diskret erledigen konnten. Aber wie immer, gab es auch hier Rückschläge. Viel später, in Versailles etwa, wo Reichtum und Prunk den Lebensstil bestimmt hatten, gab es keine Toiletten, man ging in die herrliche Parkanlage, kauerte sich hinter einem Busch und ließ seinen Kot frei, fand dabei vielleicht eine Gesprächspartnerin, mit der man auch anderes koordinieren konnte. Für das kleine Geschäft waren die Treppenhäuser gut genug und wo heute Staatsmänner, Diplomaten und Berühmtheiten die „Gloire“ bewundern, stank es einmal ätzend nach Urin. Doch heute wird in Frankreich ein wenig stärker auf Hygiene geachtet, sodass Treppenhäuser und Parkanlagen viel seltener stinken.
Der indische Minister Jairam Ramesh wird sich aber noch lange aufregen müssen, bis sich Toiletten gegen Mobiltelefone behaupten werden.

Sonntag, 19. Februar 2012

Der verpolte Affe

Gibt es ein Recht auf Nicht-Einmischung (oh, welch schreckliches Wort!) in die "inneren Angelegenheiten" eines Staates? Bejaht man die Frage, so lässt man alle Diktatoren gewähren: Saddam Hussein, Ghedaffi, Mubarak, al-Assad und unzählige andere. Verneint man die Frage, so steht man den starken das Recht zu, die Schwachen unter fadenscheinigen Vorwänden zu vergewaltigen. Da kann China Tibet besetzten, die Russen Südossetien, (vergessen wir die leidige Geschichte Osteuropas nicht!), die Israeli Palästina, Irak Kuweit, die USA Irak und Afghanistan und andere "Befreier", wonach ihr Gaumen lechzt. Denn jeder Imperialist spielt sich als "Befreier" auf, auch wenn er nur als neuer Diktator auftritt. Philosophisch gesehen
gibt es keine objektiven Kriterien, die eine solche Entscheidung bewerten lassen. Werte stehen nie hinter Einmischung und Nichteinmischung. Macht, Eigeninteressen, Nationalismus, Religion liefern die Argumente für beide Haltungen. Es fehlt an
gesellschaftlichem Konsens über allgemein anerkannten Werte, die "objektive" Massstäbe setzen würden. Platon wünschte sich Philosophen als Staatslenker, doch ich befürchte, auch sie wären in dieser Frage nicht einig geworden. Wer verspürt ab und zu nicht Lust, die Geschicke dieser Welt nach eigenen Vorstellungen zu lenken und meint stillschweigend, dass dadurch eine bessere Welt entstehen würde?
Ich würde zum Beispiel die übermächtigen Waffen der grossen Militärmächte zerstören, die selbst die Götter resignieren lassen, die sie indirekt erschaffen haben. Doch da ich es nicht kann, bleibt das Dilemma, das Unrecht, Bastard der Gewalt, auch.
Wie steht es aber mit Nicht-Einmischung bei Missgeburten innerhalb einzelner Gesellschaften? Bei der Unterjochung der Frau etwa? Es sind nicht nur die heute noch stark spürbaren Ausläufer der jüdisch-christlichen Weltanschauung, nicht nur die Verachtung der Frau durch den Islam, sondern auch andere gesellschaftliche Absurditäten, die sich nicht von der Idee der Minderwertigkeit der Frau befreien können. In vielen asiatischen Staaten werden Frauen in erster Linie als Gebärerinnen von Söhnen betrachtet. Bringen sie Töchter zu Welt, ist die Wut der Ehemänner gross. Nicht selten werden die Töchter und ihre unfähigen Mütter umgebracht. Da ist jener Vater, der nur sieben Töchter vorweisen kann und seine "Ehre" dadurch rettet, dass er zwei von ihnen als Knaben verkleidet, noch ein toleranter Kerl. Heute, wo die medizinische Technik die Feststellung des Geschlechts während der Schwangerschaft ermöglicht, kommt es in Indien vor, dass Mädchen erst gar nicht geboren werden, weil die Eltern sie abtreiben. Die sarkastische Rache der Natur: in bestimmten Gliedstaaten von Indien gibt es einen solchen Frauenmangel, dass viele Jungen keine Familie gründen können. Denen kommt die Nachricht erlösend entgegen, die man am 18. Februar in den Zeitungen lesen konnte: zum erstenmal hatte ein Mann einem Kind das Licht der Welt geschenkt! Hurra, dann brauchen wir die Frauen gar nicht mehr! Das würde nich nur den Islam freuen.
Die Gewalt und die Entwertung der Frau ist keine individuelle Entgleisung, ist nicht ein Fehltritt einzelner. Hier geht es um soziale Verwerfungen, die auf archaische Vorstellungen zurückzuführen sind und heute unter keinen Umständen toleriert werden dürfen. Oft berufen sich die Verteidiger frauenfeindlicher Praktiken auf eine nicht näher definierbare "Tradition". Doch vergessen wir nicht: Traditionen sind nicht schon deshalb wertvoll, weil sie auf eine lange Geschichte zurückblicken. Auch Traditionen müssen ethische Normen respektieren. Man müsste ein internationales Strafgericht einführen, das alle Staaten sanktioniert, die es nicht fertig bringen, die Würde der Frau nicht nur in ihrer Gesetzgebung, sondern auch in deren Vollzug zu schützen.

Montag, 13. Februar 2012

Das kann man auch so sehen

Ein alter Weiser, Jean d'Ormesson versucht die Welt zu verstehen und stellt fest, dass sie schließlich eine merkwürdige Sache ist, diese Welt. „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, meinte Sokrates und sprach damit die wohl einzig zutreffende Sicht von menschlichem Verstehen aus. Zwar hat der Mensch Zusammenhänge entdeckt, Regelmäßigkeiten, Abhängigkeiten, Naturgesetze, Ursachen und Wirkungen und die Unermesslichkeit des Universums. Doch was dahinter steckt, was Zeit ist und Raum, Bewegung und Anziehungskraft und weitere unzählbare Phänomene, das entzieht sich seinem intellektuellen Zugriff. Das einzusehen ist Demut, dabei nicht zu verzweifeln ist Zuversicht. D'Ormesson fasst dies so zusammen:
Im Labyrinth des Lebens klammere ich mich an einen vierfachen Faden:
Die Bewunderung. Ich war von der Welt und insbesondere vom Umstand zu sein, stets verblüfft. Ich habe eine riesige Fähigkeit zur Bewunderung.
Die Dankbarkeit. Ich möchte jemandem danken. Aber wem?
Die Fröhlichkeit. Als ich noch jung war, verachtete ich die Alten, die die Jungen immer belehren wollten. Ich versuche, fröhlich zu bleiben, nicht salbungsvoll zu sein und über mich und den anderen zu lachen.
Die Hoffnung. Die Menschen können nichts über den Tod, über die Ewigkeit, über dem Unendlichen, über Gott wissen. Aber sie haben das Recht zu hoffen. Kurz: es gibt in dieser Welt etwas anderes.
Ja Leute, das geht uns alle etwas an!

Freitag, 10. Februar 2012

Krisenopfer

Der Big-Boss vom CS, Brady Dougan arbeitet für Dumpinglohn! 57% weniger Bonus als das letzte Jahr, musste er betroffen einer erschütterten Journalistenschar mitteilen. Das schadet dem schweizerischen Arbeitsmarkt. Die Gewerkschaft der Bank-CEO’s plant gegen diese Misere einzuschreiten. "Die Situation in den Chefetagen ist unakzeptabel", beteuert ein Gewerkschaftssprecher. Sollte das nicht unverzüglich ändern, werden die Bank-CEO's in Ausstand treten. Wer kann schon mit 40 Millionen CHF anständig leben?