Donnerstag, 25. Oktober 2012

La clef des champs

Wir schauen durch das Fenster und erblicken eine Wiese, eine Baumgruppe und Sträucher. Was gibt es Gewöhnlicheres? Eine alltägliche Wahrnehmung. Plötzlich kommt ein Stein zu fliegen und zertrümmert die Fensterscheibe. Die Scherben fallen zu Boden, doch etwas Befremdendes geschieht: Wiese, Bäume und Sträucher bleiben am Glas haften. Sahen wir nicht die Natur hinter dem Fenster, sondern ein naturgetreu gemaltes Bild? Nein, denn durch die Öffnung bietet sich unserem Blick das gleiche Bild wie vorher: eine Wiese, eine Baumgruppe und Sträucher. Es sei denn, dass auch diese Landschaft auf eine Scheibe, eine zweite also, gemalt ist. Wie viele Schichten gibt es dann? Und wie sieht das wirkliche Bild dahinter aus? Die reale Welt? Oder ist unsere Erkenntnis eine Illusion? Die Wirklichkeit? Was ist sie eigentlich? Wir meinen, sie wahrzunehmen, erliegen aber einer Täuschung. Die Hirnforschung hat es aufgezeigt: die Bilder von der Aussenwelt treten als Reize durch unsere Sinne in unser Bewusstsein und werden durch unser Gehirn produziert. Thomas von Aquin meinte: quidquid recipitur, ad modum recipientis reciptur, was wahrgenommen wird, wird gemäss der Bedingungen des Wahrnehmenden erfasst. „Das Ding an sich“ ist uns nicht zugänglich, meinte Kant. Wir sind, wie eine Fliege auf der Fensterscheibe: wir sehen nach aussen, möchten dorthin, verstehen aber nicht, warum wir es nicht schaffen. Etwas hindert uns daran, dorthin zu gelangen. Was? Die Scheibe eben. Doch diese sehen wir nicht, denn sie ist durchsichtig. Das Bild hat übrigens René Magritte gemalt.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Die drei Schwestern

Enyo, Pemphredo und Deino, oh, ihr Töchter des Phorkys, wie seid ihr uns Menschen so ähnlich, ihr „Alten Frauen des Meeres“. Ein Zahn nur für die drei und ein einzges Auge, welch trauriges Los! Will die eine sehen, bleibt die zweite blind und die dritte, geniesst die erste, darben die Schwestern. So geht es uns allen: die Schau des einen bleibt allen verschleiert, kommt das Glück zu dir, so brach es deinem Bruder die Treue.