Donnerstag, 15. März 2012

Jedermann

Ein reicher und geiziger Mensch namens „Jedermann“ wird vom Tod aufgefordert, ihn vor Gott zu begleiten. Er sträubt sich und ersucht seinen treuen Knecht, seine Freunde, sein Geld, mit ihm zu kommen. Doch niemand ist bereit, ihm diesen Dienst zu erweisen.
Bei den Salzburgern Festspielen wird dieses Stück von Hugo von Hoffmannstal jährlich vor dem Dom aufgeführt. Am Schluss rufen Stimmen von den nahen Kirchtürmen, vom Friedhof und von den Zinnen der Gebäude schauererregend „Jedermann“ und künden an, dass der Tod irgendeinmal jeden von uns rufen wird, dass gegen diesen Ruf kein Rekurs eingelegt werden kann und dass wir dabei den Weg allein antreten müssen.
Meinst du? Da hast du aber die Rechnung ohne die Stadtverwaltung von Falciano del Massico, der kleinen süditalienischen Stadt in der Provinz Caserta gemacht. Da es im Städtchen keinen Friedhof gibt in der Nachbargemeinde indes wohl, hatte der Bürgermeister Giulio Cesare Fava erklärt, die Behörden hätten verfügt, ab sofort wäre es verboten „ins Jenseits umzuziehen“. Diese Massnahme hätte nicht umgangen werden können, da man mit dem Nachbardorf wegen den Beerdigungen nicht einig werden konnte. (Corriere del Ticino, 14. März, 2012, S. 44)
Jedermann? Anscheinend also nicht. Allen, die nicht zu sterben wünschen, wird demnach hier geraten, nach Falciano del Massico umzuziehen.
Neuesten Meldungen folgend muss man jedoch feststellen, dass auch hier – wie in ganz Italien - nicht alles ordentlich befolgt wird und schon in zwei Fällen ziviler Ungehorsam festgestellt werden musste. Es ist nicht klar, ob diese Toten eine Busse erhalten.

Freitag, 9. März 2012

Zukunftsaussichten

Die Menschen sind alle gleich …. Bevor sie ins Leben gezerrt werden und wenn sie tot sind. Zwischendurch sind die einen etwas gleicher als die anderen. Nur die Religionen kennen auch im Jenseits Klassenunterschiede.

Dienstag, 6. März 2012

Tot sein lässt sich nur schwer trainieren

In jeder Gesellschaft besteht eine Rangordnung, sowohl bei den Tieren, wie auch bei den Menschen. Diese Hierarchie legt die Machtverhältnisse fest. Das Alpha-Tier führt den Rudel an, hat bei der Hackordnung Vortritt und geniesst – meistens ausschliesslich – die Gunst der Weibchen. Um die Spitzenposition muss gekämpft, und einmal erobert, muss sie auch verteidigt werden. Wird der Anführer einer Gruppe von einem jüngeren, kräftigeren Tier besiegt, so wird er in fast allen Fällen aus der Gruppe ausgestossen und dadurch faktisch zum Tode verurteil, sogar seine nicht erwachsenen Nachkommen werden oft vom neuen Boss umgebracht.
Beim Menschen ist es nicht viel anders. Auf allen gesellschaftlichen Stufen wird eine Hierarchieordnung erstellt, in der Familie, in den politischen Strukturen, unter den Nationen. Um die Macht wird erbittert gekämpft, mit schönen Worten und harten Bandagen. Jene, die den Machthaber stürzen wollen werden dann von den Alpha-Menschen „Terroristen“, genannt, die verhassten Regierenden „Tyrannen“. Der Beweis für diese Behauptung ist schnell erbracht: man muss nur eine beliebige Tageszeitung aufschlagen, an einem beliebigen Tag und wird das Phänomen bestätigt finden. Spezielle Hinweise erübrigen sich.
Der Wettkampf durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft: Konkurrenz überall, in der Wirtschaft, am Arbeitsplatz, bei allen Wettbewerben, ob für Schönheit, Muskelpakete, Sport oder Unsinn. Und dieser Wettkampf hat auch seine Bibel: das Guinness-Buch der Rekorde. Hier wird der Blödheit ein Altar errichtet. Bei allen Wettbewerben können die Teilnehmer die Konkurrenz nur durch fleissiges Training besiegen. Die Sportler durch viel Aufwand an ihren Geräten, auf ihren Pisten, in ihren Schwimmbäder, die Schönen durch stundenlangem Hüftschwingen und Lächeln vor den Spiegeln, die Rekordfresser durch Verschlingen von Unmengen von Hamburgern, Wienerwürsten oder Torten, die Schalstrickerinnen durch Verweben von Bergen von Wollfäden und wer auch immer durch was auch immer. Der Gipfel der Glückseligkeit ist, sich im Guinness-Buch der Rekorde eintragen zu lassen, ungeachtet dessen, wie blöd die erbrachte Leistung ist.
Auch der 24-Jährige Janaka Basnayake in Sri Lanka hatte sich zum hehren Ziel gesetzt, im Lexikon des Unsinns Platz zu finden: er liess sich von Freunden und Verwandten begraben, um einen Rekord für die längste Dauer als lebendig Begrabener aufzustellen. (Neue Zürcher Zeitung, 6. März 2012, S. 20). Er hatte den Rekord nach sechseinhalb Stunden aufgestellt. Der einzige Schönheitsfehler dabei war: er war daran gestorben.
Eben: der Tod lässt sich nur schwer trainieren. Vielleicht könnte man im Guinness-Buch der Rekorde eine Kategorie für den totesten Toten eintragen.