Dienstag, 28. Februar 2012

1>24

Mit dieser Ungleichung hätte ich in der Algebra keine genügende Note erhalten. Eins soll demnach grösser als vierundzwanzig sein. Dennoch scheint die Formel beweisbar zu sein. Zumindest in den Vereinigten Staaten. Frank Wuterich, der als Hauptverantwortlicher für ein Massaker im Irak vor Gericht stand, muss nicht ins Gefängnis. Er hat zwar eine Haftstrafe von neunzig Tagen (sic!) erhalten, doch weitere Konsequenzen muss dieser Mörder in den USA nicht befürchten. Am 19. November 2005 kommandierte Wuterich eine Gruppe von Marineinfanteristen ab, um in der Stadt Haditha während drei Stunden von Haus zu Haus zu ziehen und insgesamt 24 Personen zu töten, unter ihnen zehn Frauen und Kinder. Der Anageklagte gestand, befohlen zu haben, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen.
Die Moral von der Geschicht‘: ein Amerikaner ist mehr wert als 24 Iraker. Wusste ich doch! Welch‘ wunderbare Nation, die USA! Mit Spitzengehirnen wie George W. Bush, Herman Cain, Rick Santorum und und und.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Wen die Not bedrängt

Kann man die Errungenschaften der Zivilisation in eine hierarchische Wertordnung bringen? Was war wichtiger, das Rad oder der Kompass? Der Flaschenzug oder der Computer? Die Dampfmaschine oder das Fernrohr? Das Handy oder die Toilette? Na ja, das Handy, meinen viele, vorwiegend Frauen und vorwiegend in Indien. Der indische Minister für ländliche Entwicklung zürnte, weil trotz seinem Kampf gegen die „open defecation“ Millionen die Darmentleerung unter freiem Himmel besorgen. 60% aller Menschen, die ihre Notdurft im Freien verrichten, leben in Indien, wo aber dank der modernen Einstellung viele Frauen ihr Geld statt für die Einrichtung stiller Örtchen lieber für Mobiltelefone ausgeben, von denen im Lande 700 Millionen im Betrieb sind. Diese „enorme Schande für Indien“, wie er den Zustand geißelte, ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Wenn man bedenkt, dass schon fast 3000 Jahre v.Chr. in diversen Städten des Altertums öffentliche Bedürfnisanstalten existierten, die durch Kanäle entsorgt wurden ... Danach gab es verschiedene Formen von hygienischen Lösungen, damit die Menschen ihre dringenden Geschäfte rücksichtsvoll und diskret erledigen konnten. Aber wie immer, gab es auch hier Rückschläge. Viel später, in Versailles etwa, wo Reichtum und Prunk den Lebensstil bestimmt hatten, gab es keine Toiletten, man ging in die herrliche Parkanlage, kauerte sich hinter einem Busch und ließ seinen Kot frei, fand dabei vielleicht eine Gesprächspartnerin, mit der man auch anderes koordinieren konnte. Für das kleine Geschäft waren die Treppenhäuser gut genug und wo heute Staatsmänner, Diplomaten und Berühmtheiten die „Gloire“ bewundern, stank es einmal ätzend nach Urin. Doch heute wird in Frankreich ein wenig stärker auf Hygiene geachtet, sodass Treppenhäuser und Parkanlagen viel seltener stinken.
Der indische Minister Jairam Ramesh wird sich aber noch lange aufregen müssen, bis sich Toiletten gegen Mobiltelefone behaupten werden.

Sonntag, 19. Februar 2012

Der verpolte Affe

Gibt es ein Recht auf Nicht-Einmischung (oh, welch schreckliches Wort!) in die "inneren Angelegenheiten" eines Staates? Bejaht man die Frage, so lässt man alle Diktatoren gewähren: Saddam Hussein, Ghedaffi, Mubarak, al-Assad und unzählige andere. Verneint man die Frage, so steht man den starken das Recht zu, die Schwachen unter fadenscheinigen Vorwänden zu vergewaltigen. Da kann China Tibet besetzten, die Russen Südossetien, (vergessen wir die leidige Geschichte Osteuropas nicht!), die Israeli Palästina, Irak Kuweit, die USA Irak und Afghanistan und andere "Befreier", wonach ihr Gaumen lechzt. Denn jeder Imperialist spielt sich als "Befreier" auf, auch wenn er nur als neuer Diktator auftritt. Philosophisch gesehen
gibt es keine objektiven Kriterien, die eine solche Entscheidung bewerten lassen. Werte stehen nie hinter Einmischung und Nichteinmischung. Macht, Eigeninteressen, Nationalismus, Religion liefern die Argumente für beide Haltungen. Es fehlt an
gesellschaftlichem Konsens über allgemein anerkannten Werte, die "objektive" Massstäbe setzen würden. Platon wünschte sich Philosophen als Staatslenker, doch ich befürchte, auch sie wären in dieser Frage nicht einig geworden. Wer verspürt ab und zu nicht Lust, die Geschicke dieser Welt nach eigenen Vorstellungen zu lenken und meint stillschweigend, dass dadurch eine bessere Welt entstehen würde?
Ich würde zum Beispiel die übermächtigen Waffen der grossen Militärmächte zerstören, die selbst die Götter resignieren lassen, die sie indirekt erschaffen haben. Doch da ich es nicht kann, bleibt das Dilemma, das Unrecht, Bastard der Gewalt, auch.
Wie steht es aber mit Nicht-Einmischung bei Missgeburten innerhalb einzelner Gesellschaften? Bei der Unterjochung der Frau etwa? Es sind nicht nur die heute noch stark spürbaren Ausläufer der jüdisch-christlichen Weltanschauung, nicht nur die Verachtung der Frau durch den Islam, sondern auch andere gesellschaftliche Absurditäten, die sich nicht von der Idee der Minderwertigkeit der Frau befreien können. In vielen asiatischen Staaten werden Frauen in erster Linie als Gebärerinnen von Söhnen betrachtet. Bringen sie Töchter zu Welt, ist die Wut der Ehemänner gross. Nicht selten werden die Töchter und ihre unfähigen Mütter umgebracht. Da ist jener Vater, der nur sieben Töchter vorweisen kann und seine "Ehre" dadurch rettet, dass er zwei von ihnen als Knaben verkleidet, noch ein toleranter Kerl. Heute, wo die medizinische Technik die Feststellung des Geschlechts während der Schwangerschaft ermöglicht, kommt es in Indien vor, dass Mädchen erst gar nicht geboren werden, weil die Eltern sie abtreiben. Die sarkastische Rache der Natur: in bestimmten Gliedstaaten von Indien gibt es einen solchen Frauenmangel, dass viele Jungen keine Familie gründen können. Denen kommt die Nachricht erlösend entgegen, die man am 18. Februar in den Zeitungen lesen konnte: zum erstenmal hatte ein Mann einem Kind das Licht der Welt geschenkt! Hurra, dann brauchen wir die Frauen gar nicht mehr! Das würde nich nur den Islam freuen.
Die Gewalt und die Entwertung der Frau ist keine individuelle Entgleisung, ist nicht ein Fehltritt einzelner. Hier geht es um soziale Verwerfungen, die auf archaische Vorstellungen zurückzuführen sind und heute unter keinen Umständen toleriert werden dürfen. Oft berufen sich die Verteidiger frauenfeindlicher Praktiken auf eine nicht näher definierbare "Tradition". Doch vergessen wir nicht: Traditionen sind nicht schon deshalb wertvoll, weil sie auf eine lange Geschichte zurückblicken. Auch Traditionen müssen ethische Normen respektieren. Man müsste ein internationales Strafgericht einführen, das alle Staaten sanktioniert, die es nicht fertig bringen, die Würde der Frau nicht nur in ihrer Gesetzgebung, sondern auch in deren Vollzug zu schützen.

Montag, 13. Februar 2012

Das kann man auch so sehen

Ein alter Weiser, Jean d'Ormesson versucht die Welt zu verstehen und stellt fest, dass sie schließlich eine merkwürdige Sache ist, diese Welt. „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, meinte Sokrates und sprach damit die wohl einzig zutreffende Sicht von menschlichem Verstehen aus. Zwar hat der Mensch Zusammenhänge entdeckt, Regelmäßigkeiten, Abhängigkeiten, Naturgesetze, Ursachen und Wirkungen und die Unermesslichkeit des Universums. Doch was dahinter steckt, was Zeit ist und Raum, Bewegung und Anziehungskraft und weitere unzählbare Phänomene, das entzieht sich seinem intellektuellen Zugriff. Das einzusehen ist Demut, dabei nicht zu verzweifeln ist Zuversicht. D'Ormesson fasst dies so zusammen:
Im Labyrinth des Lebens klammere ich mich an einen vierfachen Faden:
Die Bewunderung. Ich war von der Welt und insbesondere vom Umstand zu sein, stets verblüfft. Ich habe eine riesige Fähigkeit zur Bewunderung.
Die Dankbarkeit. Ich möchte jemandem danken. Aber wem?
Die Fröhlichkeit. Als ich noch jung war, verachtete ich die Alten, die die Jungen immer belehren wollten. Ich versuche, fröhlich zu bleiben, nicht salbungsvoll zu sein und über mich und den anderen zu lachen.
Die Hoffnung. Die Menschen können nichts über den Tod, über die Ewigkeit, über dem Unendlichen, über Gott wissen. Aber sie haben das Recht zu hoffen. Kurz: es gibt in dieser Welt etwas anderes.
Ja Leute, das geht uns alle etwas an!

Freitag, 10. Februar 2012

Krisenopfer

Der Big-Boss vom CS, Brady Dougan arbeitet für Dumpinglohn! 57% weniger Bonus als das letzte Jahr, musste er betroffen einer erschütterten Journalistenschar mitteilen. Das schadet dem schweizerischen Arbeitsmarkt. Die Gewerkschaft der Bank-CEO’s plant gegen diese Misere einzuschreiten. "Die Situation in den Chefetagen ist unakzeptabel", beteuert ein Gewerkschaftssprecher. Sollte das nicht unverzüglich ändern, werden die Bank-CEO's in Ausstand treten. Wer kann schon mit 40 Millionen CHF anständig leben?